Unbeachtet von der Öffentlichkeit haben die Regierungsfraktionen des Bundestages am späten Abend des 28. Juni ein Gesetz zur „Fortentwicklung des Meldewesens“ ohne weitere Aussprache in geänderter Form beschlossen [1]. Entgegen früherer Bekundungen werden damit die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber Adresshändlern und Werbetreibenden deutlich geschwächt. Auch ein vorgesehenes elektronisches Widerspruchsrecht der Betroffenen hat die Koalition nicht weiter berücksichtigt.

„Personen, die nicht unnötig mit Werbung belästigt werden wollen, müssen nun ausdrücklich der Weitergabe ihrer Daten durch die Ämter widersprechen“, kommentiert Achim Müller, Pressesprecher des Landesverbands NRW der Piratenpartei das neue Gesetz. „Nach unserer Auffassung sollte die Nutzung personenbezogener Daten durch Dritte erst nach ausdrücklicher Zustimmung durch die Betroffenen zulässig sein. Vielen Bürgerinnen und Bürgern ist ja nicht einmal bekannt, dass Meldeämter diese Daten ungefragt weitergeben dürfen“, so Müller weiter.

„Wir bezweifeln, dass dieses Gesetz verfassungskonform ist. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird definitiv aufgeweicht, die Privatsphäre der Bürger verletzt“, kritisiert Achim Müller. „Statt dem Bürger stehen wieder einmal wirtschaftliche Interessen an vorderster Stelle.“

Gegen den früheren Entwurf waren Inkassounternehmen und Adressdienste Sturm gelaufen, woraufhin die Regierung mit dem neuen Entwurf eine inhaltliche Kehrtwende vollführte: Grundsätzlich ist nun jede Weitergabe von Meldedaten für Werbung und Adresshandel gestattet, es sei denn, dem wurde vorher explizit widersprochen (Opt-Out) [2].

Ursprünglich sollte mit einem bundesweiten Registerverbund der Datenschutz bei Meldeämtern gestärkt und Auskünfte nur noch für Werbung und Adresshandel herausgegeben werden, wenn die betroffene Person zugestimmt hat (Opt-In).

Quellen:
[1] Gesetzentwurf: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/077/1707746.pdf
[2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schwarz-Gelb-beschneidet-Opt-in-zur-Datenweitergabe-in-Meldegesetz-1628786.html

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